Prof. Dr. Janice G. Raymond
Zehn Argumente gegen die Legalisierung der Prostitution und für Gesetze gegen
die Nachfrager nach Prostitution
10. Frauen in Systemen der Prostitution wollen nicht, dass die Prostitutions-Industrie legalisiert oder entkriminalisiert wird
In einer Fünf-Länder-Studie über Frauenhandel äusserten die meisten der befragten gehandelten und prostituierten Frauen in den Philippinen, in Venezuela und den USA (3) mit grossem Nachdruck ihre Meinung, dass Prostitution nicht legalisiert und nicht als legitime Arbeit betrachtet werden soll; sie warnten davor, dass Legalisierung noch grössere Risiken und Schäden für Frauen von Seiten der jetzt schon gewalttätigen Käufer und Zuhälter mitsichbringen (Raymond et. al., 2002). Eine Frau sagte: "Auf keinen Fall. Es ist kein Beruf. Es ist Erniedrigung, und Gewalttätigkeit von Seiten der Männer." Nicht eine der Frauen, die wir befragten wollte, dass ihre Kinder, Familie oder Freundinnen Geld durch Eintritt in die Prostitution verdienen müssen. Eine andere Frau stellte fest: " Prostitution raubte mir mein Leben, meine Gesundheit, alles." (Raymond et. al., 2002)
Der alternative gesetzliche Weg: Kriminalisierung der Nachfrager/Käufer
Es gibt keine Beweise dafür, dass die Legalisierung
der Prostitution die Sache für die Frauen in der Prostitution besser
macht. Es macht die Sache besser für Regierungen, die die Prostitution
legalisieren und selbstverständlich besser für die Prostitutions-Industrie:
beide streichen noch grössere Profite ein.
Die populären Männerphantasien, dass in der Welt der Prostitution
alles gut ist, wenn diese Industrie legalisiert bzw. entkriminalisiert wird,
steht im Widerspruch zu den Beweisen dafür, dass die Erniedrigung und
Ausbeutung von Frauen, die Schädlichkeit, Misshandlungen und Gewalttätigkeiten
(und Morde! H. S.) in der staatlich geförderten Prostitution weiterhin
erhalten bleiben.
(Hervorh. H. S.)
Die staatlich geförderte Prostitution saniert die Realitäten der
Prostitution: Schlagartig wird schmutziges Geld sauber. Illegale, kriminelle
Handlungen werden legal: Über Nacht werden Zuhälter verwandelt in
legitime Geschäftsmänner und gewöhnliche Unternehmer; und Männer,
die vorher nicht daran dachten, eine Frau für Prostitutionszwecke zu
kaufen, denken nun, "Gut, wenn es gesetzlich erlaubt, wenn es keine Straftat
ist, dann ist es in Ordnung".
Regierungen, die Prostitution als "sex work" legalisieren, haben ein grosses
ökonomisches Interesse an dieser Industrie. Folglich begünstigt
das ihre zunehmende Abhängigkeit vom "sex sector". Wenn Frauen in der
Prostitution als "Lohnarbeiterinnen" gelten, dann können Regierungen
sich ihrer Ver-antwortung für die Beschaffung menschenwürdiger,
dauerhafter Lohnarbeitsplätze - fur Frauen entledigen.
Statt Frauen der staatlich geförderten Prostitution auszuliefern, müssen
Gesetze der Räuberei der Männer, die Frauen für ihren Prostitutionsverkehr
kaufen, Einhalt gebieten. Gesetzgeber springen all zu oft auf den Propaganda-Zug,
weil sie denken, nichts sonst führt zum Erfolg. Aber es gibt eine politische,
gesetzliche Alternative. Anstatt Prostitution zu sanktionieren, müssen
Regierungen auf die Nachfrager zielen, die Männer kriminalisieren und
bestrafen, die Frauen für Prostitutionsverkehr kaufen.
Schweden hat in der Erkenntnis, dass es ohne männliche Nachfrager kein
weibliches Angebot gibt, entsprechende Gesetze erlassen. Durch Denken jenseits
des skandalösen Dogmas von der Legali-sierung hat Schweden erkannt, dass
Prostitution eine Form männlicher Gewalttätigkeit gegen Frauen und
Mädchen ist, und dass der Kauf von Frauen zu sexuellen Diensten kriminalisiert
werden muss. Der Zusammenhang von Prostitution und Frauenhandel ist vom schwedischen
Gesetzgeber erkannt: "Prostitution und Frauenhandel sind schädliche Praktiken,
die nicht von einander getrennt werden können und dürfen: um den
Frauenhandel tatsächlich abzuschaffen, müssen konkrete Massnahmen
gegen Prostitution ergriffen werden" (Ekberg, 2003).
Schwedens Gesetz gegen "Gewalttätigkeit gegen Frauen" (1997/98) verbietet
und bestraft den Kauf von "sexuellen Diensten" (Schwedisches Regierungsbüro,
1998).
Diese Politik zielt auf die männlichen Nachfrager nach Prostitution:
"Durch das Verbot des Kaufs von sexuellen Diensten können die Prostitution
und ihre schädlichen Folgen effektiver als bisher bekämpft werden".
(Schwedisches Regierungsbüro, 1998)
Die schwedische Gesetzgebung, die die Käufer kriminalisiert, beruht auf
der Politik, dass "Prostitution kein wünschensertes soziales Phänomen
ist" und "ein Hindernis für die Entwicklung zu Gleichheits-rechten zwischen
Frauen und Männern" darstellt. (Regierungsbüro)
Darüberhinaus ist das Gesetz gegen den Kauf von sexuellen Diensten Teil
eines umfassenden Gesetzes gegen "Gewalttätigkeit gegen Frauen", das
die Finanzierung von Alternativen für Frauen in der Prostitution regelt.
Die Erfolge der schwedischen Gesetze sind bisher vielversprechend. Die Strafverfolgung
der Männer,
die prostituierte Frauen kaufen, geniesst breite gesellschaftliche Unterstützung.
Umfragen im Jahre 2000 und 2001 zeigen, dass etwa 80 % der schwedischen
Bevölkerung das Gesetz unterstützen. Unter denjenigen, die das Gesetz
wieder aufheben wollen sind in der Regel die Männer in der Mehrheit,
nur 7 % sind Frauen (Jacobson, 2002). Sehr wichtig ist, dass Frauen, die versuchen,
aus der Prostitution herauszukommen, das Gesetz unterstützen (Ekberg,
2001). Schwedische Nicht-Regierungs-Organisationen (NGOs), die mit Frauen
in der Prostitution zusammenarbeiten, unter-stützen das Gesetz ebenfalls
und stellen fest, dass seit Inkrafttreten des Gesetzes eine zunehmende Zahl
von Frauen Unterstützung sucht. Sie sagen, allein die Tatsache, dass
es das Gesetz gibt und die Leute wissen, dass es durchgesetzt wird, wirkt
als Hilfe für junge Frauen, die Zuhältern und Rekrutierern ausgesetzt
sind.
Strassen-Prostitution hat in den drei Jahren seit Verabschiedung des Gesetzes
abgenommen. Die Zahl der prostituierten Frauen hat um 50 % abgenommen; und
70-80 % der Käufer haben die öffentlichen Plätze verlassen.
Ausserdem stellte ein Sprecher der Polizei fest, dass es kein Anzeichen dafür
gibt, dass die Prostitution in den Untergrund gegangen ist oder dass Prostitution
in "Sex-Clubs", "Escort-Agenturen" und Bordellen zugenommen hat (Björling,
2001).
Die Polizei konstatierte ebenfalls, dass das schwedischc Gesetz des Verbots
des Kaufs von sexuellen Diensten eine einschränkende Wirkung auf Frauenhändler
hat. Zufolge der Polizei gibt es dort, wo es kein Verbotsgesetz wie in Schweden
gibt, in Norwegen und Finnland, zunehmenden Frauenhandel mit russsichen Frauen
über die Grenzen. In den nördlichen Regionen von Norwegen und Finnland
werden verschleppte und verhandelte russische Frauen in Prostitutions-Konzentrationslagern
zu Diensten für skandinavische Männer gezwungen (Bystrom, 2001).
Ausserhalb Schwedens müssen Frauen-Menschenrechtsgruppen dafür plädieren,
dass das schwedische Gesetz studiert und diesem nachgefolgt wird.
Anstatt der Prostitutions-Industrie einen Blanco-Scheck für den extremen
Missbrauch auszustellen,
müssen Regierungen mit Gesetzgebung auf die männlichen Gewalttäter
und Ausbeuter der Frauen in der Prostitution antworten.
Der Wortlaut des Gesetzes ist:
"Eine Person, die gelegentliche, zufällige
sexuelle Verhältnisse im Tausch für Bezahlung eingeht, wird wegen
Kaufs von sexuellen Diensten zu einer Geldstrafe oder Gefängnis bis zu
sechs Monaten verurteilt (sofern die Handlung nicht gemäss Schwedischen
Strafrechts strafbar ist). Der Versuch, sexuelle Dienste zu kaufen ist strafbar,
gemäss Kap. 23 des Schwedischen Strafrechts."
Schweden: Gesetz zwecks Verbots des Kaufs sexueller Dienste, 1998, p.
408.
Schweden hat sich ausserdem auf Prävention der Nachfrage
nach Prostitution konzentriert und zwar durch Initiative zu einer nationalen
Kampagne gegen Prostitution und Frauenhandel.
Eine der einfallsreichsten Initiativen der nationalen Kampagne gegen Prostitution
und Frauenhandel war die Kampagne auf dem Pferderennplatz. Im Mai 2002 wurde
diese schwedische Kampagne auf dem Sovalla-Rennplatz in Stockholm gestartet.
Denn Anhänger des Pferderennens feiern ihre Gewinne im Bordell oder bezahlen
damit Frauen in der Strassen-Prostitution. Auf dem Rennplatz ist es üblich,
dass Zuhälter Frauenkäufer animieren oder sie nach Ablauf des Rennens
in die Prostitutions-Clubs fahren (Ekberg, 2003).
Die Sovalla-Rennbahn widmete das erste Rennen des Abends der Kampagne gegen
Prostitution und Frauenhandel und machte die Kampagne im Programm bekannt.
Nach dem ersten Rennen sprach der schwedische Vize-Premier und die Ministerin
für Gleichberechtigung der Frauen. Margarete Winberg sprach zu den 5000
Anwesenden über diese Kampagne und deren Zielgruppe, die Käufer
von Frauen und Mädchen für Prostitutionszwecke (Ekberg, 2003).
Die Eröffnung dieser nationalen Kampagne gegen Prostitution und Frauenhandel
auf dem Rennplatz ist eine der neuesten "besten Praktiken", um die sexuelle
Ausbeutung zu verhindern, indem sie aus die Masse der Männer zielt, die
tatsächlich oder möglicherweise Frauen für Prostitutionsverkehr
kaufen.
In ganz Schweden wurde auch eine Plakat-Aktion gegen die Zielgruppe der Nachfrager
nach Prostitution durchgeführt. Auf farbigen Plakaten wurde das Gesetz
zum Verbot des Kaufs von sexuellen Diensten an Bushaltestellen, Untergrundstationen
und Strassenbahnen in ganz Schweden bekannt gemacht.
Die Plakate waren entworfen, um die öffentliche Aufmerksamkeit für
Prostitution und Frauenhandel zu erhöhen und die Scheinwerfer auf die
Männer zu richten, die Frauen kaufen.
Zum Beispiel zeigt ein Plakat schwedische Prostitutions-Touristen, die in
die Ostseeländer reisen: es zeigte einen gutgekleideten Mann im Anzug,
mit Ehering und den Text: "Hohe Zeit, diese Käufer aus den Ostseeländern
wegzuspülen".
Ein anderes Plakat zeigte einen jungen Mann, der im Internet Pornographie
konsumiert. Der Text dazu dazu lautet: "Mehr und mehr schwedische Männer
machen ihre Einkäufe über das Internet (Ekberg, 2003).
Diese Plakat-Kampagne erregte grosses Aufsehen, in ganz Schweden und im Ausland.
Wir hören zu wenig über die Prostitutions-Industrie, die einen globalen
Markt mit Frauen und Mädchen als Waren betreibt. Stattdessen hören
wir, dass aus der Prostitution ein "besserer Job" für Frauen durch Regulierung
oder Legalisierung gemacht werden kann.
Wir hören von sogenannten "Gewerkschaften von Sex-Arbeiterinnen" und
von Kampagnen, die Kondome an Frauen verteilen, die aber völlig versagen,
wenn es darum geht, den Frauen eine Alternative zur Prostitution zu verschaffen.
Wir hören viel darüber, wie Frauen in
der Prostitution festzuhalten sind, aber sehr wenig über Hilfen dafür,
dass die Frauen heraus können.
Es ist von Übel, dass Gewerkschaften in verschiedenen Ländern dazu
ermuntert werden, Prostitution als "Lohnarbeit" zu akzeptieren. (Young, 2002).
Statt Prostitution als "Lohnarbeit" zu rechtfertigen und zu unterstützen,
sollten diese dem Beispiel Dänemarks folgen, dessen Vereinigte Gewerkschaften
im Juni 2003 ihren 1,5 Millionen Mitgliedern (5,4 Millionen Gesamtbevölkerung)
verboten, sich an Prostitution zu beteiligen, wenn sie als Vertreter der Gewerkschaften
in Geschäften und auf Aus-landsreisen unterwegs sind (Agence France Press,
2003).
Es wäre ein grosser Schritt vorwärts in der Politik gegen sexuelle
Ausbeutung, wenn Regierungen und UN-Organisationen ihren Diplomaten, dem Militär,
der UN-Polizei und den Friedenstruppen verbieten würden bei der Prostitution
mitzumachen - im Dienst und "privat".
Einige Agenturen, wie die UN Inter-Agentur des ständigen Komitees (IASG),
die über 15 UN- und multilaterale Agenturen vereinigt, haben Verhaltensregeln
für ihr Personal in humanitären Krisen-gebieten aufgestellt (IASG,
2002). Eines der Grundprinzipien dieser Verhaltensregeln besagt:
"Sexuelle Ausbeutung und sexueller Missbrauch seitens humanitärer Mitarbeiter
ist grobes Fehlverhalten und daher Grund zur Entlassung." Ein weiteres Prinzip
besagt klar und deutlich, dass der Tausch von Geld, Anstellung, Gütern
oder Dienstleistungen für "Sex" oder Vergünstigungen und und andere
Formen der Demütigung und des ausbeuterischen Verhaltens verboten ist."
(ISAG, 2002).
Die Art und Weise, in welcher Regierungen den "legalen Status" der Prostitution
behandeln, hat enormen Einfluss auf den Frauenhandel.
Gegnerinnen des Frauenhandels und Gesetzgeberinnen müssen auf Regierungs-
und NGO-Foren Prostitution als Ursache und Wurzel des Frauenhandels bekämpfen
und sich nicht mundtot machen lassen von denjenigen, die darauf bestehen,
dass wir nur über Frauenhandel, nicht aber über Prostitution sprechen.
Viele Regierungs- und Nicht-Regierungs-Organisationen haben vor der Zensur
auf internationaler Ebene kapituliert, wo Druck ausgeübt wird, Prostitution
nicht zu erwähnen - als ob das möglich wäre.
(In der BRD gibt es bis jetzt weder Anti-Prostitutions- noch Anti-Frauenhandels-Organisationen
von Frauen, geschweige denn Regierungsfrauen, die Widerstand leisten. Ganz
im Gegenteil, alle Partei-Frauen haben sich gehorsam den Männer-Parteien
unterworfen, die Prostitution und Frauenhandeln fördern. Sie kollaborieren
willig mit ihren Parteiherren, am übelsten Justizministerin Deubler-Gmelin
und Frauenministerin Bergmann, Hand in Hand mit den Grünen Frauen.
Auch Angelika Merkel und andere CDU-Frauen, FDP- und sogar PDS-Frauen machen
mit. Dass es noch Frauen gibt, die diese Zuhälter-Parteien an die Macht
wählen, demonstriert ihre Demoralisierung, Indroktrinierung und Kapitulation
vor dieser Grundrechte schändenden Machtpolitik. H. S.)
Zum Schluss: Anstatt von den ökonomischen Gewinnen der Prostitutions-Industrie zu profitieren, indem sie Steuern einstreichen, sollten diese Regierungen das Eigentum der Prostitutions-Geschäftemacher konfiszieren und damit einen Fond schaffen, um den Frauen in der Prostitution Alternativen zu finanzieren. Massnahmen, um Frauenhandel und Prostitution zu verhindern und Frauenhändler, Zuhälter, Rekrutierer und Käufer strafrechtlich zu verfolgen, sind unzureichend, solange Regierungen nicht in die Zukunft der prostituierten Frauen investieren, indem sie ihnen Lohnarbeit verschaffen, die sie in die Lage versetzen, sich aus der Prostitution zu befreien - zu einem menschenwürdigen Leben.
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