Menschenrechte der Frauen
Verletzung ihrer Menschenrechte
Olympe de Gouges

Feministische Politikwissenschaftlerin im Exil
Autobiographische Skizze

Elend des Exils

Ich musste meine alte Mutter zurücklassen, ich verlor mein Kind, ich war drei Monate ohne Wohnung.
Das schlimmste war und blieb der Verlust meiner Muttersprache und die Notwendigkeit, mich in einer fremden, nicht sonderlich sublimen Sprache in Wort und Schrift auszudrücken. Seit 1933 hat kein Mann derartig gravierende Beraubungen erleiden und durchstehen müssen.
An der Universiteit van Amsterdam erhielt ich eine Anstellung für Frauenstudien/ Fachgruppe Sozialphilosophie jedoch nur, weil es im ganzen Land keine promovierte Frau gab. Es war nur eine halbe Stelle, mit einer Probezeit von vier Jahren und einem Gehalt in der Höhe des Lohns eines ungelernten Arbeiters.
Ich musste meine Bücher und Schreibmaschine mitbringen; selbst minimale Voraussetzungen für den Aufbau von Frauenstudien gab es nicht - und wurden mir auch nicht bewilligt.
Durch Zufall hörte ich, dass ein Mann ohne Promotion ein Gehalt in dreifacher Höhe bezog. Ich ersuchte wiederholt um Einstufung in den akademischen Rang für Promovierte und um eine Vollzeitstelle; ich stiess auf Wut, unsägliche Frauendiskriminierung - und Deutschenhass: u. a. wurde ich als autoritär, rechthaberisch und antisemitisch diffamiert. - Ich bewarb mich weiter an deutschen und anderen holländischen Universitäten, vergebens. Sozialdemokraten, Marxisten, Calvinisten, ein katholischer Priester und einige linke Studentinnen, die meine Stelle haben wollten, betrieben meine Entlassung.
1982 wurde ich auf die Strasse gesetzt. Ich musste einen Mammut-Prozess gegen die Universität führen; "pro Deo", mithilfe eines Armenanwalts, denn ich war mittellos.
Vor Gericht begingen mehrere Zeugen Meineid, Dokumente waren verschwunden usf.; positive Aussagen meiner Studentinnen wurden als irrelevant verworfen. Ein Richter verwechselte sogar die Parteien, er hielt mich für die Angeklagte: Das Opfer ist schuld. - Das Gericht stellte fest, dass meine Anstellung von Beginn an unkorrekt war: Laut Beamtengesetz hatte ich das Recht auf eine Anstellung auf Lebenszeit schon nach einem Jahr Probezeit. Das Gericht erklärte die Entlassung für nichtig, aber es verurteilte die Universität nicht dazu, mir wenigstens im Nachhinein eine beamtenrechtlich korrekte Anstellung zu geben. Mein finanzieller Verlust durch vier Jahre extremer Unterbezahlung stand gar nicht  zur Debatte. - Mein Anwalt ging bei der höchsten Instanz in Berufung. Auf das - unsichere - Ergebnis konnte ich nicht warten; ich konnte nicht ahnen, dass zweieinhalb Jahre ohne Anberaumung eines Termins verstreichen würden. Auf Anfrage stellte sich dann heraus, dass das Gericht in Amsterdam die Prozessakten zurück-gehalten, also noch immer nicht an die höchste Instanz in Utrecht weitergeleitet hatte. Entweder handelte es sich hier um skandalöses Versagen der untersten Instanz oder um schmutzige Einflussnahme auf den Rechtsweg mit dem Ziel, den Prozess auf Eis zu legen. -  Aus guten Gründen bin ich der Überzeugung, dass das Letzte der Fall war. (Photo Hungerstreik)
Ich hatte schon 1983 beschlossen, in Hungerstreik zu gehen: nach 17 Tagen liessen sich die höchsten Herren der Universität dazu herab, mir eine Forschungsstelle - aber nur für ein Jahr - an der juridischen Fakultät/ Rechtsphilosophie zugenehmigen. Nach Ablauf 1984 gelang es mir, wieder nur eine halbe Stelle in niedrigstem Rang für nur ein Jahr zu ergattern,  mit der unsicheren Aussicht auf  dreimalige jährliche Verlängerung, also Kettenverträge. Und was dann? - Das lief so bis 1987: alles in allem neun Jahre erschöpfender Kampf um meine Existenz gegen die Willkür endloser Diskriminierungen seitens  übermächtiger Universitätsherren.

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