Menschenrechte weiblicher Menschen: feministische Theorie und Realutopie
Neue Publikationen (seit 2000)
Hannelore Schröder:
Widerspenstige Rebellinnen Suffragetten. Feministischer Aufbruch in England
und Deutschland
Mit 32 Abbildungen
Aachen 2001.
178 S. ca. Euro 16,--. ein-FACH-verlag.
Zu beziehen im Buchhandel.
Inhalt
Vorwort
I. England
Aufbruch 1969-1979
1. Aktionen der Widerspenstigen: Shrew. 1969
2. Programm und Organisation
3. Die Frauenhaus-Bewegung
4. Neue Gesetze
a) Zur Abtreibung: Abortion Act, 1969
b) Das Recht auf gleichen Lohn: Equal Pay Act, 1970
c) Gegen Diskriminierung: Sex Discrimination Act, 1975
Zur Geschichte des Aufbruchs seit 1792
1. Wegbereiterinnen im 18. Jahrhundert
2. Feminismus im 19. Jahrhundert
a) John S. Mill, Harriet Taylor, Helen Taylor:
Die Hörigkeit der Frauen
b) 1865: Kampf um des Frauen-Wahlrecht
3. Der Krieg gegen die Suffragetten-Bewegung
a) Die Pankhursts gründen die WSPU, 1903
b) Männer-Parteien gegen Bürgerinnenrechte
c) Gewaltlose Militanz: Tausend Frauen im Gefängnis
d) Theorie des Widerstandsrechts der Frauen
II. Bundesrepublik Deutschland
Aufbruch 1970- 1980
1. Ursachen der autonomen feministischen Bewegung
2. Das Recht der Frauen auf Erwerb: Gegen Paragraph 1356
BGB
3. Das Recht auf den eigenen Leib:
Gegen Paragraph 218 Strafgesetzbuch
4. Politische Forderungen, Organisation, Ziele
Schlussbetrachtung
Zur Geschichte des Aufbruchs seit 1843
1. Frauen: Dienerinnen im Haus
2. 1843: Früher Feminismus
3. 1865: Die erste unabhängige Frauen-Organisation
4. 1866: Louise Otto: Das Recht der Frauen auf Erwerb
5. Der radikal-feministische Flügel
a) 1876: Wahlrecht für alle Frauen
b) 1909: Frauen gegen Paragraph 218 Strafgesetzbuch
Anmerkungen
Ausgewählte Literatur
Aus dem Vorwort
Der hier erstmals veröffentliche Überblick
über die ersten zehn Jahre der feministischen Bewegungen in England und
Deutschland wurde 1980/81 abgeschlossen, fiel jedoch der Zensur zum Opfer:
Die Hessische Landeszentrale für politische Bildung hatte diese Arbeit
1978 in Auftrag gegeben, doch ihr Ent-scheidungsgremium entschied sich gegen
die Veröffentlichung
Dies geschah, obwohl zum Thema Frauenbewegung
für die politische Bildungsarbeit
bisher "im Bereich der Bundeszentrale
bzw. der Landeszentralen für politische Bildung so gut wie gar nichts
zur Frauenfrage publiziert worden" war, schrieb Regierungsoberrat Giere (
22. 2. 1978 ). - Das bescheidene Arbeitsheft (120 Seiten) wurde ein erheblich
umfangreicheres Projekt, da die deutsche Bewegung im internationen Zusammenhang
behandelt werden muss, da die früher einsetzenden Bewegungen in den USA,
England und Frankreich von grosser Bedeutung für die verspäteten
Anfänge in der BRD waren. Ausserdem sollte der Schwer-punkt auf der Zeitgeschichte
liegen, doch die historische Dimension auch zu einem gewissen Recht kommen.
Bei der Arbeit am Manuskript zeigte sich, dass es unmöglich war, die
Fülle de Materials so zu komprimieren, dass die feministische Kritik,
Theorie und Aktionen nachvollziehbar sein würden
Auftraggeber und Autorin kamen schliesslich überein, zwei Arbeitshefte
zu produzieren
ich übernahm die Darstellung der englischen und deutschen
feministischen Bewegung
.
Im Herbst 1978 musste ich die Arbeit am Manuskript für längere Zeit
unterbrechen: ich war gezwungen, die BRD zu verlassen und nach Holland zu
emigrieren... 1980 lag das gesamte Typoskript (129 Seiten und Abbildungen)
vor. Nun wünschte Regierungsoberrat Dr. Giere
.ein Treffen, um "einige
Vorschläge zu machen, Fragen zu stellen" usf.. Ich reiste zu einem Gespräch
von Amsterdam nach Köln. Es stellte sich heraus, dass er etliche Streichungen,
aber auch zusätzliche Erläuterungen wünschte. Da ich die Veröffentlichung
nicht gefährden wollte, war ich genötigt, darauf einzugehen. Ohnehin
überlastet, bedeutete das weiteren Arbeitsaufwand, ausserdem viel Schreibarbeit,
wofür ich keine Hilfe hatte. Das Typoskript hatte ich auf eigene Kosten
abschreiben lassen, da es reproduktionsfertig sein musste. Fast drei Jahre
lang war das grösste Problem gewesen, zwei Frauenbewegungen auf beschränktem
Raum darzustellen, nun, im Nachhinein sollte der fertige Text noch "mit zusätzlichen
Beispielen bzw. Quellen angereichert werden", obwohl die anfängliche
Minimalversion auf doppelten Umfang an-gewachsen war. Bei der Landeszentrale
hatte mann das Thema Frauenbewegung aus Unkenntnis vollkommen unterschätzt,
jetzt wünschte mann Erweiterungen
also schwierige, zusätzliche
Arbeit. - Die überarbeiteten Teile
lieferte ich Anfang 1981. Diese
Version fand Gnade vor Herrn Giere, aber die Herren des Entscheidungsgremiums
beschlossen, sie nicht zu veröffentlichen, wenn ich nicht weitere Änderungen
ausführte. Diese selbstherrliche Entscheidung war für mich aus zwei
Gründen inakzeptabel: dieses Gremium hatte auf meinem Gebiet überhaupt
keine Sachkenntnisse und verletzte mein Grundrecht auf Freiheit der Wissenschaft.
"Eine Zensur findet nicht statt." Hier fand Zensur statt. Da ich es wagte,
mich auf die Grundrechte zu berufen, war "die Sache gelaufen"
.
Mein Typoskript bot ich zwei Verlegern an. Vergeblich. Dann gab ich erschöpft
auf; folglich lag es zwanzig Jahre lang in der Schublade.
Inzwischen ist in der alten BRD eine Generation Frauen herangewachsen, die
von den ersten zehn Jahren fast nichts weiss; Frauen aus der DDR, die erst
1990 hinzukamen, können von diesen Anfängen kaum etwas wissen
Nach
zwanzig Jahren feministischen Protests und schwerer antifeministischer Rückschläge,
waren die Feministinnen der ersten Stunde schon weitgehend zum Schweigen gebracht,
ausgeschaltet und zermürbt. Mit der Taktik des "teile und herrsche" hatte
das Regime "gute" Fruen integriert, "eingebunden", die konsequent feministischen
durch Berufsverbote, verweigerte Publikationsmöglichkeiten, individuelle
und kollektive Diffamierungen aus der frauenfeindlichen "bürgerlichen
und proletarischen Öffentlichkeit" eliminiert
1990 hatte mann diese
Protestbewegung schon zwanzig Jahre lang mit antifeministischer Hetze verfolgt,
ihre Systemkritik, ihre Anklagen und die Frauen, die dafür standen bösartig
verächtlich gemacht, mit Hass und Hohn überschüttet, als Parias
gebrandmarkt. Keine männliche Minderheit, deutsch oder ausländisch,
wurde und wird mit derart blindem Hass, zynischer Menschenverachtung
und wütender Aggression verfolgt, wie die Feministinnen, die die elementarsten
Rechte der weiblichen Mehrheit des Volkes vertreten, das unerträgliche
Unrecht bei Namen nennen
Für alle Männer-Fraktionen von rechts
bis links ist auch Ende des 20. Jahrhunderts Frauenemanzipation - gemäss
Selbstdefinition der Beherrschten - kein legitimes Politikum: brüderlich
vereint im persönlichen und öffentlichen Interesse an der Fortdauer
der Rechtlosigkeit, Beraubung und Machtlosigkeit aller Frauen, greift das
"superiore" Geschlecht zu rigorosen Unterdrückungs-massnahmen
Ab
Mitter der 1970er Jahre schlägt das Regime auch mit der Keule der Erwerbslosigkeit
zu: sie zielt auf alle Frauen, jedoch mit besonderer Härte auf jene,
die nicht konform, gar feministisch engagiert sind. Wie in der Weimarer Republik
und unter dem Nazi-Regime ist die Lösung der Krise: Männer privilegieren,
Frauen entlassen, nicht etwa Gleichberechtigung auf dem Arbeitsmarkt
.Heute
ist die ursprüngliche, unabhängige, feministische Bewegung fast
völlig abgewürgt, zerschlagen, sie überlebt noch bei den "alten"
Feministinnen, die fünfundzwanzig, dreissig Jahre lang durchgehalten
haben. Die Partei-Herren haben diese Bewegung ersetzt durch ihre antifeministische
"Frauenpolitik", ausgeführt von ihren "Frauenpolitikerinnen"
Ich hoffe, unter jungen Frauen und den Frauen aus der ehemaligen DDR Leserinnen
zu finden, die die schwere Wiedergeburt des Feminismus nach den Jahrzehnten
der faschistischen Auslöschung und der christischen Restauration interessiert.
Dem braunen und schwarzen, wie dem roten Patriarchat war der Irrtum gemein,
dass seine überlegene Ideologie und totalitäre Politik den Feminismus
endgültig ausgerottet hatten. Ich möchte den Leserinnen einen Eindruck
davon vermitteln, welcher geistigen Anstrengungen und Auseinandersetzungen
es bedurfte, um sich aus dem Griff der herrschenden Indoktrination zu lösen,
in mühsamen Schritten zum Selbstdenken und Handeln zu gelangen, um Solidarität
unter Frauen zu stiften und sich zum Widerstand zu vereinigen; einen Eindruck
von der schwierigen Aufklärungs- und Organisationsarbeit, den Opfern
an Zeit und Geld, von den persönlichen, beruflichen und öffentlichen
Risiken, die die ersten Feministinnen auf sich genommen haben, um die Bewegung
wieder zum Leben zu bringen...
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