Menschenrechte der Frauen
Verletzung ihrer Menschenrechte
Olympe de Gouges

 

Hannelore Schröder
OLYMPE-DE-GOUGES-PREIS FÜR MENSCHENRECHTE DER FRAUEN

Überreicht an Professorin PH. D. Diana E. H. Russell, Berkeley, CA/USA

Zur Eröffnung des Internationalen Kongresses WOMEN’S WORLDS 1999
University of Tromso, Tromso/Norway, June 20th 1999

Der Olympe-de-Gouges-Preis für Menschenrechte der Frauen wurde aus folgenden drei Gründen gestiftet:

  1. zum Andenken an die geistige Mutter der Menschen- und Bürgerinnenrechte des weiblichen Volkes, Olympe de Gouges;
  2. zu Ehren und zur Ermutigung einer Kämpferin für Menschenrechte der Frauen heute, die eine würdige Nachfolgerin ist;
  3. in Protest gegen die grausamen Verletzungen der Menschenrechte der Frauen in der ganzen Welt.

OLYMPE DE GOUGES
7. Mai 1748 – 3. November 1793

…ist die bedeutendste feministisch-politische Autorin in der langen Geschichte der europäischen patrokratischen Regime, denn sie ist die erste und einzige Frau, die eine „Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin“ verfasst hat. Sie tat das im Jahre 1791 in Protest gegen die männlichen Privilegien, d. h. Bürgerrechte nur für Brüder, geborene Herrscher über „untermenschliche“ Frauen. Diese sind niedergelegt in der „Erklärung der Rechte des Mannes und Bürgers“, 1789, die Grundlage der „bürgerlichen“ Verfassung von 1791.


Für Mme de Gouges ist es evident, dass Frauen vernunftbegabte Menschen sind, dass sie folglich Anspruch auf Menschenrechte, Freiheit und Rechtsgleichheit haben.
Freiheit wovon?
Von der Tyrannei der Männer: von der Wurzel, Ehe und Prostitution, im Haus und außer Haus, die kulminiert im politischen Willkürregime der Verfassung- und Gesetzgeber, der Gerichte und ausführenden Gewalt (Legislative, Judikative und Exekutive).
Angesichts dieser allgegenwärtigen Tyrannei verlangt Mme de Gouges Menschen- und Bürgerinnenrechte für alle Frauen, das Recht auf Freiheit, Gleichheit vor dem Gesetz ohne Ansehen des Geschlechts, das Recht auf Eigentum, das Recht auf alle Arten bezahlter Arbeit und Ämter und selbstverständlich das Recht auf Meinungs- und Redefreiheit.
Für das weibliche Volk fordert sie das Recht auf Selbstvertretung, also das aktive und passive Wahlrecht und damit auf den gleichen Anteil an der Verfassungs- und Gesetzgebung, an der richterlichen und ausführenden Gewalt.
Sie ist die erste Frau, die für das weibliche Volk das Menschenrecht auf Widerstand gegen Unterdrückung formuliert.
Die Befreiung der Frauen von der Tyrannei der Männer beginnt im Haus, denn hier liegt die Wurzel der grenzenlosen Macht und Gewalt der Männer, die die Menschenrechte der Frauen vernichten.
Die Unterwerfung der Frauen, ihre Rechtlosigkeit, Eigentumslosigkeit und Armut, verursacht durch die Privilegien der Männer, ihr Monopol auf Eigentum und alle Erwerbsquellen, sind die Ursache des „Frauenhandels, eine Art Industrie“, schreibt sie.
Und dieser barbarische politische Skandal des alten, feudalen Regimes wird vom modernen,
bürgerlichen fortgesetzt: da Frauen nicht als Menschen anerkannt und ihnen Bürgerinnenrechte verweigert sind, kaufen Männer „Frauen wie Sklaven an der Küste von Afrika“ wie zuvor.
Mme de Gouges normiert und fordert Menschen- und Bürgerinnenrechte für die weibliche Menschheit: Das bedeutet die Abschaffung aller männlichen Privilegien und Gewalttaten im Haus und in Bordellen, im sogenannt Privaten und in der Öffentlichkeit (oikos und polis). Zweifellos ist ihre „Erklärung der Rechte der Frau und Bürgerin“ heute, mehr als zweihundert Jahre später, noch immer eine an die Wurzel gehende Realutopie.
Heute ist der Ruf nach Menschenrechten sogar noch dringender, denn die Schändungen sind weltweit zu Exzessen von Gewalttätigkeiten, Vergewaltigungen, Foltern, Frauenhandel, Sexualsklaverei, Prostitution, Pornographie und Femicide (Frauenmassenmorde) eskaliert.

Buchtitel „Femicide“

Mme de Gouges appelliert an Mütter, Töchter und Schwestern:

„Frauen, wacht auf! Erkennt eure unveräußerlichen Menschenrechte…wann hört ihr auf, blind zu sein? …Ihr werdet noch mehr verachtet, mit noch größerer Missachtung behandelt!“

Die Patrokraten des Terror-Regimes kerkern sie ein und begehen politischen Mord an dieser heroischen Feministin:
Am 3. November 1793 wird Mme de Gouges auf dem „Platz der Revolution“ enthauptet –
und in den folgenden zweihundert Jahren im Vaterland Frankreich totgeschwiegen.



Professorin Russell bei der wissenschaftlichen Arbeit

Die Erste, die sich für die große Sache erhebt – der Kampf für Menschenrechte der weiblichen Menschheit ist die größte Sache der Weltgeschichte – vollbringt die größte Tat, die ein einzelner weiblicher Mensch vollbringen kann: andere folgen ihr, viele erschreckend langsam in den nächsten hundert, zweihundert, gar erst dreihundert Jahren – wie heute, während die patrokratischen Tyrannen sofort und mit immer größerer Grausamkeit zuschlagen.
Unter den jeweils ersten Kritikerinnen zu sein erfordert offene Augen für die Leiden der Schwestern, ein starkes Gerechtigkeitsgefühl, einen scharfen analytischen Verstand und vor allem sehr großen Mut, Tapferkeit, feministische Courage angesichts der Unwissenheit, Vorurteile und Verfolgung, angesichts Gefängnis, Lebensgefahr, sogar Tod, mit einem Wort, den Einsatz des Lebens im Kampf gegen die Verbrechen an der weiblichen Menschheit.

Unsere Stiftung „Feier des 250. Geburtstages von Olympe des Gouges“ (1998) erkennt und anerkennt diese höchsten Eigenschaften in der Person von Diana Russell:

1. Bereits 1969, als Professorin der Soziologie am Mills College, ist sie die erste, die Unterdrückung und Gewalt gegen Frauen in Forschung und Lehre behandelt und 22 Jahre lang durchführt.

Rape in Marriage

Buchtitel „Rape in Marriage“, 1982/1990“

„Vergewaltigung in der Ehe“ ist nicht in deutscher Übersetzung erschienen.

2. Schon ab 1971 erforscht sie die Verbrechen der Vergewaltigung und veröffentlicht das Ergebnis unter dem Titel: The Politics of Rape: The Victims Perspective. 1975

he Epidemic of Rape and Child Sexual Abuse

Buchtitel „The Epidemic of Rape and Child Sexual Abuse…..”

3. Wir erinnern uns gut an ihren Einsatz als Pionierin und Organisatorin in Brüssel zum Ersten Internationalen Tribunal „Verbrechen gegen Frauen“ im Jahre 1976. Sie war wiederum die Erste, die Beweise für Femicide in den Vereinigten Staaten vorlegte.

4. 1976 gründet Professorin Russell die Organisation „Women Against Violence in Pornography and Media“, denn der sexuelle Terror eskaliert zur Epidemie. Sie bündelt ihre Fähigkeiten als Forscherin, Dozentin und politische Aktivistin: Sie stellt eine Dia-Serie zusammen mit dem Ziel, Frauen im ganzen Land über die Gräueltaten der Pornographie aufzuklären. (Ich war sehr beeindruckt von ihrem workshop, an dem ich 1979 in New York teilnahm.)

5. Ihre großen Fähigkeiten stellt sie in den Dienst der weiblichen Opfer von Hassverbrechern und der feministischen Bewegung für Bürgerinnenrechte, wie aus ihren Beiträgen zur Konferenz und Dokumentation Take back the Night, New York 1980 zu ersehen ist.

6. Während sie in Nord- und Südamerika, Südafrika und Europa Vorträge hält, produziert sie doch Buch auf Buch, eine Reihe von Artikeln (in viele Sprachen, sogar ins Japanische und Chinesische übersetzt) und ist tätig als Expertin/Gutachterin in Verfahren betreffend Vergewaltigung, sexuelle Nötigung bzw. Angriffe und mangelhafte Gesetze, die Opfern von Vergewaltigung und Inzest den Zugang zu Abtreibung erschweren.

7. 1992 bringt Professorin Russell den globalen Terror der Massenmorde an Frauen in den Frauen hassenden patrokratischen Regimes ins Rampenlicht: Femicide. The Politics of Women Killing (mit Jill Radford u. a.). Sie dokumentiert darin die Geschichte dieses Holocaust und ruft Frauen zu Widerstand und Protestaktionen gegen die Justiz und die Massenmedien auf, die die Opfer anklagen – nicht ihre Mörder.

8. 1993 liefert Diana Russell sichere Beweise dafür, dass Pornographie höchst relevante Ursache und Auslöser für Vergewaltigung und Folter ist: Aber kein Verleger ist gewillt, die Wahrheit über Against Pornography: The Evidence of Harm zu veröffentlichen.
(s. meine Rezension unter Texte: „ Foltern, Vergewaltigungen und Frauenmorde.“)
Also muss sie auch die Probleme der Finanzierung, des Druckes und Vertriebs ihres Buches lösen und außerdem das Risiko in Kauf nehmen, dass die Pornographie-Industrie zuschlägt.

9. Geboren in Südafrika, ist sie schon in ihrer Studienzeit politisch aktiv gegen das Apartheid-Patriarchat und bleibt diesem Land verbunden: Lives of Courage: Women for a new South Africa ist eines der ersten feministischen Bücher, das dort 1989 erscheint. Sie kehrt oft in das Land zu Aktionen oder Forschungszwecken zurück: 1993 gründet sie „Women Against Incest“ in Cape Town; 1997 verleiht sie Inzest-Überlebenden mit Behind closed Doors in white South Africa eine öffentliche Stimme.
(s. meine Rezension unter Texte: „Gräueltaten der Väterherrscher im Haus“)
Zum jetzigen Zeitpunkt arbeitet sie an einer Publikation über Sexual Violence Against Women in South Africa.

10. Die patrokratischen Regimes zeigen ihr wahres Gesicht jedes Mal, wenn sie Diana Russell wegen ihrer politischen Aktivitäten verhaften: 1963 geschieht das in Südafrika, 1974 in England und 1991 in den Vereinigten Staaten.
(Siehe: www.dianarussell.com)

„Will Justice Triumph…“ Russel mit Protest-Plakat

Dies ist eine sehr unvollkommene Darstellung von Diana Russells unermüdlicher Arbeit während dreißig Jahren; in diesen Jahrzehnten produziert sie fünfzehn Bücher und
arbeitet zur Zeit an vier weiteren.
Sie ist ein Wunder an fast übermenschlicher Arbeitskraft, großem Mut und wahrhaft internationaler Solidarität, wofür sie die Bewunderung und Dankbarkeit von Frauen überall verdient hat.
Der Olympe-de-Gouges-Preis für Menschenrechte der Frauen ist ein bescheidenes Zeichen für die hohe Wertschätzung der Verdienste Diana Russells und ein Zeichen der Ermutigung…
Doctor Russell, darf ich Sie bitten, den Preis entgegenzunehmen – und das Wort zu ergreifen!

The OLYMPE DE GOUGES AWARD FOR WOMEN’S HUMAN RIGHTS

is created for the following reasons:

- to commemorate Olympe de Gouges (1748-1793), the author of the

UNIVERSAL DECLARATION OF HUMAN AND CIVIL RIGHTS FOR WOMEN,

“Declaration des Droits de la Femme et de la Citoyenne”, Paris 1791,

the heroic foremother, who was murdered by patrocratic tyrants in 1793;

- to protest against the unspeakable crimes against female humanity,

the epidemic violations of Women’s Human and Civil Rights,

thus being a worthy follower in the footssteps of Olympe de Gouges.

***
In consideration of her numerous, scholarly groundbreaking publications, in which she documents and analyses the violent crimes against women and girls,
and of her courageous political activism during more than thirty years,
our foundation has decided to present the

OLYMPE DE GOUGES AWARD FOR WOMEN’S HUMAN RIGHTS

to

PROFESSOR PH. D. DIANA RUSSELL

Berkely, California, USA

Foundation “Celebration of the 250th Birthday of Olympe de Gouges”

Mr. Hieke Snijders-Borst Drs. Anja-Helen van Zandwijk

DrIn. Hannelore Schröder

Amsterdam, June 1999

Copyright by Hannelore Schröder, Leipzig 2011

Zum Seitenanfang Seitenanfang

© 2006-2018 Hannelore Schröder | Sitemap | Datenschutz | | Stand: 01.06.2018

Olympe de Gouges